Übersetzungsworkflows: Vom Fließband zur intelligenten Zusammenarbeit
Dieser Artikel wurde ursprünglich als Teil einer Artikelserie auf unserer LinkedIn-Seite veröffentlicht:
- Über die verlorene Kunst, eine 1000-seitige Anleitung wütend in die Ecke zu feuern
- Intelligente Dokumentation für Ihr Support-Team
- Anleitungen als Marketinginstrumente
- Zukunftssichere, AI-kompatible Produktliteratur
- Open-Source-Software und digitale Souveränität
- Single-Source Publishing: The Song Remains the Same
- Übersetzungsworkflows: Vom Fließband zur intelligenten Zusammenarbeit
Vom Handwerk zur Detailarbeit
Traditionell haben (gute) Übersetzer immer ganzheitlich gearbeitet: Sie lasen einen Artikel, eine Geschichte oder eine Anleitung, recherchierten Terminologie und erstellten dann einen einzigartigen, kohärenten Text in der Zielsprache. Und für Marketingtexte und Prosa ist dieser Ansatz nach wie vor goldrichtig.
Wenn es jedoch um große Mengen sich wiederholender technischer Inhalte geht, es jedoch nur wenige Menschen, die einen Satz wie „Stecken Sie A in B“ hunderte Male übersetzen möchten – und noch weniger, die dafür bezahlen möchten.
Aus diesem Grund wurden Translation-Memory-Systeme zum Rückgrat der Übersetzungsbranche. Durch die Aufteilung von Inhalten in Segmente und deren Speicherung zur Wiederverwendung konnten Unternehmen enorm viel Zeit und Geld sparen. Allerdings gibt es auch einen Nachteil: Die meisten maschinellen Übersetzungsprogramme „sehen“ nur einzelne Sätze. Sie wissen nicht, worauf sich ein grammatikalisches „es” bezieht, und in Sprachen wie Deutsch, in denen Objekte männlich, weiblich oder sächlich sein können, kann dies zu peinlichen Fehlern führen. Menschliche Übersetzer greifen ein, um die Eleganz des ursprünglichen Textes wiederherzustellen, aber immer öfter „polieren“ sie dabei eher die Arbeit einer Maschine/Software, anstatt von Grund auf neu zu übersetzen. Es überrascht nicht, dass viele Menschen diese Arbeit nicht mögen: Sie wird oft schlechter bezahlt und fühlt sich weniger kreativ an als „echtes“ Übersetzen.
Der Auftritt der Large Language Models
In jüngster Zeit haben große Sprachmodelle (Large Language Models; LLMs) gezeigt, dass Übersetzen nur eine andere Form der „Textumwandlung“ ist. Die Beantwortung der Frage „Welche Farbe hat der Himmel?“ unterscheidet sich aus LLM-Sicht nicht grundlegend von der Übersetzung dieser Frage ins Italienische. In beiden Fällen geht es darum, Eingaben in erwartete Ausgaben umzuwandeln.
Der Haken daran? LLMs weichen manchmal com „rechten Weg“ ab und fügen Details hinzu oder lassen sie weg. Das ist inakzeptabel, wenn Anleitungen mit einer einzigen „Quelle der Wahrheit“ (Single source of truth) übereinstimmen müssen.
Ein dritter Weg: hybride Workflows
Wo stehen wir also nun?
Stellen Sie sich vor, Ihre Inhalte – Anleitungen, Kurzanleitungen, Marketingtexte – wurden ursprünglich auf Englisch verfasst. Professionelle Übersetzer oder Agenturen liefern zuverlässige Eins-zu-Eins-Übersetzungen. Diese sind zwar korrekt, aber es fehlt ihnen möglicherweise der letzte Schliff, das gewisse Etwas.
Traditionell ließen Marken mit großem Budget die Übersetzung von einem weiteren Experten überprüfen. Heute können LLMs diese „letzte Etappe“ übernehmen. Ein muttersprachlicher Mitarbeiter der Marke kann – auch, wenn er kein professioneller Übersetzer ist – ein LLM nutzen, um Tonfall, Terminologie und Fluss zu verfeinern – geleitet von einem Styleguide, einem Glossar oder auch nur einem gut formulierten Prompt. Das Ergebnis: Inhalte, die sachlich korrekt sind und mit der Tonalität der Marke übereinstimmen, ohne dass hierfür knappe personelle Ressourcen gebunden werden.
Was dies für Unternehmen bedeutet
Große Unternehmen mögen zögern, sich einer solchen „nachgelagerten Optimierung“ anzuvertrauen – aber für kleinere Teams kann dieser Ansatz sehr wirkungsvoll sein. Software kümmert sich um die großen Textmengen, menschliche Übersetzer sorgen für Genauigkeit – und LLMs geben den letzten Schliff.
Es geht hier also nicht darum, sich zwischen Mensch oder Maschine, NMT oder LLM zu entscheiden. Es geht darum, alle drei zu orchestrieren – damit jede Person und jede Software ihre Stärken ausspielen kann.
Nun sind Sie an der Reihe
Wie geht Ihr Unternehmen mit Übersetzungen um? Verlassen Sie sich vollständig auf Ihren Sprachdienstleister, um Dokumente zu optimieren, oder ziehen Sie für den letzten Schliff Ihre eigenen Teams hinzu? Ich würde mich freuen, von Ihren Erfahrungen zu hören.
↻ 2025-11-07